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Die Einrichtung der Innenräume

Mit der Wiener Werkbundsiedlung wurde 1932 nicht nur eine Bauausstellung mit 1:1-Modellen eröffnet, vielmehr handelte es sich neben Typenhäusern für einen zukünftigen Siedlungsbau auch um den Versuch einer prinzipiellen Neudefinition des modernen Wohnens in Wien. Entsprechend den durchdachten Grundrisslösungen, die der Maximierung des Wohnraums und der Verbindung des Hauses mit dem Freiraum ihre spezielle Aufmerksamkeit widmeten, sollte auch die Einrichtung und Ausstattung der Häuser den Anforderungen des modernen Lebens gerecht werden. Die Häuser der Siedlung wurden teils von den ArchitektInnen selbst, teils von extra beigezogenen InnenarchitektInnen und WohnreformerInnen für die Dauer der Ausstellung zur Gänze eingerichtet und sollten für die BesucherInnen einen lehrreichen und aufklärenden Charakter aufweisen. 

Beteiligte Firmen und Einrichtungshäuser

Über 200 Firmen sind der Einladung des Werkbundes gefolgt und stellten ihre Erzeugnisse für eine Mustereinrichtung inklusive modernster Küchen- und Haushaltsgeräte zur Verfügung: Die Palette reichte von Möbeln der bekannten Hersteller Thonet-Mundus oder Herrgesell über Bezugs- und Dekorationsstoffe des Wiener Indanthrenhauses bis zu Beleuchtungskörpern der Metallwerkstätten Kalmar. Entsprechend der Idee des Werkbundes, kam es zu einer Zusammenarbeit der Einrichtenden mit Gewerbe und Industrie, sodass auch neue Entwürfe eigens für die Musterschau produziert werden konnten. Das von Josef Frank und Oskar Wlach 1925 gegründete Einrichtungshaus „Haus & Garten“ stattete drei Häuser der Siedlung zur Gänze aus, ebenso lieferte die von Ernst Lichtblau geleitete „Beratungsstelle für Inneneinrichtung des Österreichischen Verbandes für Wohnungsreform“ (BEST) die Ausstattung für mehrere Häuser. Der Eindruck, den die eingerichteten Kleinhäuser vermittelten, hätte unterschiedlicher nicht sein können: Neben modernsten Stahlrohrmöbeln waren farbig lasierte Bugholzsessel und einige alte Möbelstücke zu sehen, besonders herausgestochen sind die vielen bunten Stoffe und Textilien, die den Häusern einen sehr warmen und wohnlichen Charakter verliehen.

Neue Wohnkultur

In dem offiziellen Katalog zur Werkbundausstellung hat Josef Frank sein Konzept einer „Neuen Wohnkultur“ in wenigen Worten definiert: „Was die Einrichtung des Kleinhauses betrifft, so ist sie durchaus unproblematisch. Schränke sollen in möglichst großem Ausmaß eingebaut werden, damit sie auch den fehlenden Dachbodenraum ersetzen können. Das übrige ist leicht beweglich ohne jeden Zusammenhang und ohne jede Einheitlichkeit in Form, Material und Farbe, so daß alles jederzeit ausgewechselt und ergänzt werden kann. Wichtig ist für die Möbel lediglich, daß sie nicht mehr Raum einnehmen als ihrem Gebrauchswert zukommt. Welcher Art diese Gegenstände sind, ob sie alt oder neu sind, ist vollkommen gleichgültig. Nur wer ohne jedes Vorurteil an die Projektierung des Kleinhauses herantritt, aber dabei nur die sachlichen Bedingungen anerkennt, ist in der Lage, wirklich rationell, das heißt modern zu bauen und einzurichten.“

Text: Anna Stuhlpfarrer