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Der Österreichische Werkbund

Der Österreichische Werkbund wurde im Jahr 1912 nach deutschem Vorbild gegründet und hatte sich die „Veredelung“ der gewerblichen Arbeit im Zusammenwirken von Kunst, Handwerk und Industrie zum Ziel gesetzt. In der ersten Generalversammlung im Jahr 1913 wurde der Inhalt des Werkbundgedankens von dem damaligen Vorsitzenden Adolf Freiherr Bachofen von Echt nochmals verdeutlicht: „Der Werkbund will geradewegs zur Durchsetzung der qualitativ höheren Arbeitsweisen, zur Durchsetzung des qualitativ höheren Produkts, der Edelware, soviel er nur kann, beitragen. Dabei ist aber nicht nur an die teure kostbare Ware gedacht […], sondern auch an die schlichte, einfache und billige Ware, die dennoch Edelware sein kann, wenn sie sich nur ehrlich als das gibt, was sie ist, und nicht eine kostbarere vortäuschen will.“ Die neu gegründete Vereinigung wollte dabei nicht nur hochpreisige Arbeiten für die „obersten Zehntausend“ schaffen, sondern trachtete danach, dass auch den „Unbemittelten, dem Kleinbürger und Arbeiter, wenn auch in sehr bescheidenden Grenzen […] nur solche Produkte geboten werden, die durch ihre Werktüchtigkeit erfreuen und die Wohnkultur fördern“. Der Vereinigung aus Künstlern, Industriellen und Kunsthandwerkern gehörten unter anderem Josef Hoffmann, Josef Frank, Oskar Strnad und Dagobert Peche an. 

Höhepunkte des Österreichischen Werkbundes

Der Österreichische Werkbund, der sich vorwiegend auf den Wiener Raum konzentrierte, durchlebte während der Zeit seines Bestehens zwei wesentliche Phasen. Den ersten Höhepunkt bildete die Teilnahme an der ersten Werkbundausstellung in Köln 1914, bei der die Vereinigung klar dem reinen Handwerk den höchsten Stellenwert einberaumte und jeglichem Fortschritt sowie der Industrialisierung mit deutlich spürbarer Skepsis gegenüberstand. Neben der Blüte der Entstehungszeit folgten Jahre der Stagnation, um erst Ende der 1920er-Jahre wieder einen großen Aufschwung, der letztendlich in der Errichtung der Wiener Werkbundsiedlung gipfelte, zu erleben. Frank, der 1927 als einziger Österreicher zur Teilnahme an der Stuttgarter Werkbundsiedlung eingeladen war, hatte sich zur zentralen Figur des Österreichischen Werkbundes entwickelt und für die Durchsetzung der Musterschau in Wien stark gemacht. 

Spaltung und Zerfall

Mit der Wiener Werkbundausstellung 1932 wurde eine Utopie zu einer Zeit in gebaute Realität umgesetzt, als sich bereits herauskristallisierte, dass es für diese Bau-, Wohn- und Lebensauffassung mit der Freiheit des Individuums aus politischen und wirtschaftlichen Gründen keine Zukunft gab. Bereits kurz nach der Bauausstellung setzte der Zerfall des Österreichischen Werkbundes ein. Im Zuge der endgültigen Spaltung im Jahr 1934 wurde als Gegenpol zur bestehenden, politisch eher links ausgerichteten Werkbundvereinigung unter Josef Frank der politisch rechts stehende, konservative und teilweise auch latent antisemitische „Neue Werkbund“ unter der Leitung von Clemens Holzmeister gegründet. Noch im gleichen Jahr ging Josef Frank nach Schweden ins Exil. Damit war das Ende des „alten“ Werkbunds eingeläutet, ehe er 1938 unter den Nationalsozialisten aufgelöst wurde.

Text: Anna Stuhlpfarrer