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Haus Neutra (Nr. 47)

Adresse

Woinovichgasse 9

Verbaute Fläche

76 m²

Richard Neutra, der 1923 in die Vereinigten Staaten ausgewandert war, zählt neben Josef Frank und Adolf Vetter zu jenen drei Architekten der Werkbundsiedlung, die ein freistehendes Einzelhaus für die Musterschau konzipiert haben. Das ebenerdige Wohnhaus mit langgestrecktem Grundriss ist ähnlich wie das Haus Nr. 12 von Josef Frank in drei Zonen gegliedert: Wirtschaftsbereich, Wohnbereich, Schlafbereich. Der ursprünglich nur mit einem Vordach versehene Eingang (heute ein gemauerter Windfang) an der Schmalseite des Hauses führt in einen Vorraum mit dem Treppenabgang zum Keller sowie zur annähernd quadratisch angelegten Küche. Anschließend erstreckt sich der quer gelagerte Wohnraum über die gesamte Breite des Hauses. Die dritte Zone umfasst den direkt an das große Wohnzimmer angrenzenden Schlafbereich mit zwei Schlafzimmern und einem Bad. Der größere der beiden Schlafräume verfügte ursprünglich über einen eigenen Ausgang in den Garten, der jedoch heute zugemauert ist. Die Verbindung des zentralen Wohnraums mit dem Freiraum erfolgt über eine schmale Glastür, die direkt mit dem sechsteiligen Fensterband des relativ großen Aufenthaltsraums verbunden ist.

Das in blassem, hellem Grün gestrichene Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 61 m² besticht durch eine über die gesamte Dachfläche reichende Terrasse, die über eine Freitreppe an der Längsseite des Hauses erschlossen wird. Die Dachterrasse schließt an drei Seiten mit einer gemauerten Brüstung mit abschließender Geländerstange ab, eine Längsseite wird nur von einem Geländer begrenzt. Einen besonderen Reiz übt das metallene Gestänge der Pergola aus, die für ausreichend Schutz vor der Sonne sorgen sollte.

Die Ausstattung des Hauses für die Ausstellung 1932 wurde von Rudolf H. Trostler übernommen, einem Schüler Oskar Strnads an der Kunstgewerbeschule in Wien. Doch unabhängig von der Mustermöblierung während der Wiener Werkbundausstellung lässt sich aus dem Grundriss ablesen, dass Richard Neutra die Wand zwischen Wohnzimmer und größerem Schlafzimmer als Schrankwand konzipiert hatte, die von beiden Seiten aus zugänglich war. Sowohl diese Raumtrennung durch Einbaumöbel als auch die ebenerdige Anordnung des Hauses zeichnen Richard Neutra als einen Architekten aus, der sich eingehend mit rationellen Grundrisslösungen beschäftigt hat. Der ursprünglich von Neutra in Leichtstahlkonstruktion geplante Hausentwurf wurde an die einheitliche Bauausführung der Siedlung angeglichen. Richard Neutra, der die Bauschule von Adolf Loos besucht und nach seiner Übersiedlung in die USA bei bedeutenden Architekten wie Holabird Roche, Frank Lloyd Wright und Rudolph Schindler gearbeitet hatte, erlangte mit dem „Lovell Health House“ in Los Angeles (1927–1929) internationale Anerkennung.

Text: Anna Stuhlpfarrer

Historische Grundrisse

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