Haus Breuer (Nr. 59-60)
Straßenansicht
© PGOOD
Gartenansicht
© Laimgruber
Straßenansicht
Martin Gerlach jun. © Wien Museum
Gartenfassaden Häuser 59, 60, 69, 70
Martin Gerlach jun. © Wien Museum
Wohnraum Haus 60
Martin Gerlach jun. © Wien Museum
Wohnraum Haus 60
Martin Gerlach jun. © Wien Museum
Adresse
Jagdschloßgasse 72 und 74
Verbaute Fläche
45 m²
Die Häuser Nr. 59 und Nr. 60 in der Jagdschloßgasse stammen von dem Wiener Architekten Otto Breuer, der seine Ausbildung an der Technischen Hochschule unter Karl Mayreder und Max von Ferstel sowie an der Bauschule von Adolf Loos erhalten hatte. Breuer ist erst nach der ersten Programmänderung der Werkbundsiedlung für den Architekten Ferdinand Schuster eingesprungen, als dieser trotz Einladung zur Mitarbeit an der Wiener Mustersiedlung keine weiteren Pläne abgeliefert hatte. Dass die beiden Häuser Otto Breuers in der Werkbundsiedlung stilistisch der Bauhaus Moderne nahestehen, ist kein Zufall, hatte der Architekt doch 1919/20 auch ein Semester am Bauhaus in Weimar studiert.
Breuers breit gelagertes Doppelhaus steht in einer Reihe mit den Bauten von Arthur Grünberger (Haus 63 / 64), Josef F. Dex (Haus 65 / 66) und Helmut Wagner-Freynsheim (Haus 69 / 70). Die spiegelbildliche Anordnung der beiden je 70 m² Wohnfläche umfassenden Musterhäuser ermöglicht sowohl die seitliche Anordnung der Eingangsbereiche als auch die Belichtung und Belüftung der Häuser über Fensteröffnungen an drei Seiten. Im Gegensatz zu den meisten anderen Häusern der Siedlung, die sich gegen den Garten öffnen und straßenseitig einen eher abgeschlossenen Charakter aufweisen, sind die Garten- und Straßenfassade bei Otto Breuer annähernd gleichrangig ausgeführt. Diese Gestaltung lässt sich auch durch den Bauplatz an der Jagdschloßgasse erklären, der eine Ausrichtung der Häuser in Nordost-Südwest-Richtung vorgab. Die aufgrund der Hanglage des Geländes straßenseitig zwei- und gartenseitig dreigeschoßigen Häuser Breuers werden über einige Stufen und eine kleine Terrasse seitlich erschlossen. Im Erdgeschoß ist das Wohnzimmer L-förmig um Vorraum, Treppe und Küche angelegt und erstreckt sich über die gesamte Tiefe des Hauses. Der freistehende Kaminpfeiler und ein Querbalken an der Decke gliedern den relativ großen Wohnraum in einen Essbereich sowie einen Sitz- und Ruhebereich. Die mehrteiligen, querrechteckigen Fenster auf beiden Seiten des Raumes erlauben eine Querlüftung des Wohnzimmers, eine direkte Verbindung des Wohnraums mit dem Garten fehlt hingegen. Im Obergeschoß sind drei Schlafräume, ein Badezimmer und ein WC untergebracht, große Schrankwände zwischen den Zimmern dienen als Raumteiler.
Historische Aufnahmen zeigen die Ausstattung des Wohnraums von Haus Nr. 60, für dessen Einrichtung Otto Breuer selbst verantwortlich zeichnete, mit leichtem, beweglichem Mobiliar. Der Architekt hatte vor den beiden Werkbundhäusern, bei denen es sich um seine ersten realisierten Bauten handelt, gemeinsam mit Albert Linschütz viele Jahre auf dem Gebiet der Inneneinrichtung gearbeitet und zahlreiche Möbel entworfen. Breuer, der aus einer jüdischen Familie stammte, nahm sich im Jahr 1938 kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten das Leben.
Text: Anna Stuhlpfarrer
Historische Grundrisse
Erdgeschoß Haus 59 – 60
Obergeschoß Haus 59 – 60