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Haus Schütte-Lihotzky (Nr. 61-62)

Adresse

Woinovichgasse 2 und 4

Verbaute Fläche

35 m² (Haus 61)
36 m² (Haus 62)

Die beiden Reihenhäuser in der Woinovichgasse von Margarete Schütte-Lihotzky, die als erste Frau in Österreich ein Architekturstudium absolviert hatte, zählen gemeinsam mit den benachbarten Bauten von Max Fellerer zu den kleinsten Häusern der Siedlung. Bei 35 bzw. 36 m² verbauter Fläche zeigen die vergleichbaren Reihenhäuser eine ähnliche Anordnung des Grundrisses. Beide ordnen den Wohnraum, der die halbe Grundfläche des Hauses einnimmt und sich über die gesamte Breite des Baus erstreckt, parallel zum Garten an. Doch während bei Max Fellerer der Eingang zur Küche über den Vorraum erfolgt, wird die Küche bei Margarete Schütte-Lihotzky über den Wohnraum erschlossen. Die Architektin, die sich bereits seit Beginn der 1920er-Jahre intensiv mit der Konzeption von Siedlungshaustypen und der Organisation des Hauswirtschaftsbereiches beschäftigt hatte, hat stets die Verbindung von Wohnraum und Küche gefordert: Einerseits sollte die Hausfrau bei ihrer Tätigkeit nicht vom Leben im Haus und den anderen Familienmitgliedern getrennt sein, andererseits konnte durch diese Grundrisslösung – ganz im Sinne der Rationalisierung der Hauswirtschaft – der Weg zwischen Küche und Essplatz möglichst kurz gehalten werden. Einer breiten Öffentlichkeit ist Margarete Schütte-Lihotzky vor allem aufgrund ihrer berühmten „Frankfurter Küche“ bekannt, die sie im Zuge ihrer Arbeit am Frankfurter Hochbauamt unter Ernst May zwischen 1926 und 1930 in zahlreichen Siedlungen des „Neuen Frankfurt“ verwirklichen konnte.

Die zweigeschoßigen würfelförmigen Reihenhäuser Schütte-Lihotzkys in der Wiener Werkbundsiedlung weisen eine stockweise Anordnung der Funktionsbereiche auf. Eine eiserne Wendeltreppe mit Linoleumbelag verbindet die Bereiche Wohnen im Erdgeschoß und Schlafen im Obergeschoß. Der erste Stock ist mit zwei Schlafkammern unterschiedlicher Größe sowie einem Badezimmer ausgestattet. Das größere Schlafzimmer, das neben Einbaumöglichkeiten vor allem auch über einen eigenen Balkon verfügt, erstreckt sich über die gesamte Tiefe des Hauses, wodurch eine Querlüftung ermöglicht wird. Die Wand des quer gelagerten Wohnzimmers im Parterre wird mittels großzügiger Glasflächen (Fenster und Terrassentür) beinahe vollständig zum Garten, der dem Haus in südwestlicher Richtung vorgelagert ist, aufgelöst.

Die beiden Häuser, für deren Einrichtung Hans Pitsch (Haus Nr. 61) und Anton K. Strahal (Haus Nr. 62) verantwortlich zeichneten, wurden gleich wie die angrenzenden Bauten von Max Fellerer bereits während der Ausstellung 1932 verkauft. Margarete Schütte-Lihotzky, die vor der Werkbundausstellung bereits jahrelange, auch internationale Erfahrungen im Siedlungsbau sammeln konnte und mit VertreterInnen der internationalen Architekturavantgarde zusammengearbeitet hatte, war die einzige Frau neben den 30 Architekten, die Josef Frank zur Errichtung von Häusern in der Werkbundsiedlung eingeladen hatte.

Text: Anna Stuhlpfarrer

Historische Grundrisse

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