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Haus Grünberger (Nr. 63-64)

Adresse

Jagdschloßgasse 80 und 82

Verbaute Fläche

53 m²

Arthur Grünberger, der gleich wie Richard Neutra im Jahr 1923 in die Vereinigten Staaten ausgewandert war, zeichnet für die Häuser Nr. 63 und Nr. 64 der Wiener Werkbundsiedlung verantwortlich. Die in direkter Nachbarschaft zu den Bauten von Josef F. Dex (Haus 65 / 66) und Margarete Schütte-Lihotzky (Haus 61 / 62) entstandenen Reihenhäuser werden straßenseitig durch die vor die Front tretenden kubischen Baukörper der Windfänge sowie die hölzerne Pergola akzentuiert. Eine zusätzliche Rhythmisierung erfahren die in lichtem Blau gehaltenen Straßen- und Gartenfassaden zudem durch die Verteilung der unterschiedlich großen Sprossenfenster (ein- bis fünfteilig).

Die breit gelagerten unterkellerten Häuser in der Jagdschloßgasse mit einer Wohnfläche von 79 m² sind im Erdgeschoß in einen Wirtschafts- und einen Wohnbereich getrennt, die jeweils über einen eigenen straßenseitigen Eingang erschlossen werden können. Vom leicht erhöht liegenden Windfang an der linken Hauskante gelangt man direkt in den großen Wohnraum, der durch einen freistehenden Kaminpfeiler in unterschiedliche Bereiche gegliedert wird. Der zweite Eingang führt über einige Stufen im Haus hinauf zur Küche und der benachbarten (Dienstboten-)Kammer, die nur über den Küchenraum zugänglich ist. Im Hausinneren sind die beiden Bereiche über eine Tür neben dem Kaminpfeiler miteinander verbunden. Der relativ große Wohnraum in den Bauten Grünbergers nimmt zwei Drittel der Grundfläche des Hauses ein und öffnet sich über ein breites fünfteiliges Sprossenfenster sowie eine Tür direkt zum Garten. Das über eine Treppe im Wohnzimmer erschlossene Obergeschoß ist dem Funktionsbereich Schlafen vorbehalten. Ein etwas größeres Schlafzimmer, zwei Kammern und das Badezimmer mit WC (zweites WC im Keller) werden durch Zwischenwände getrennt, die eine Verwendung von Einbaumöbeln erlauben.

Arthur Grünberger hat seine Ausbildung an der Technischen Hochschule Wien bei Karl König und Karl Mayreder erhalten und im Anschluss noch ein Jahr an der Akademie der bildenden Künste unter Friedrich Ohmann studiert. Nach seiner Emigration in die USA arbeitete er als Zeichner für die Filmindustrie und war unter anderem für die Ausstattung der Filme „Atlantis“ (1930) und „Central Park“ (1932) verantwortlich. Seine Häuser in der Werkbundsiedlung zählen mit der Ende der 1920er-Jahre errichteten Synagoge in Wien-Hietzing (1938 zerstört) zu den wenigen realisierten Bauten des Architekten. Haus Nr. 63 in der Wiener Mustersiedlung wurde mit Möbeln der im Karl-Marx-Hof beheimateten „Beratungsstelle für Inneneinrichtung“ (BEST) ausgestattet, der Ernst Lichtblau als Leiter vorstand. Ein historisches Foto zeigt das Wohnzimmer mit der offenen Treppe sowie einen raumhohen Wandverbau, der neben Regalfächern und einem Vitrinenteil auch eine ausklappbare Schreibfläche beinhaltet. Haus Nr. 64 diente während der Musterschau als Ausstellungsbüro.

Text: Anna Stuhlpfarrer

Historische Grundrisse