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Haus Haerdtl (Nr. 39-40)

Adresse

Veitingergasse 115 und 117

Verbaute Fläche

44 m² (Haus 39)
71 m² (Haus 40)

Die Häuser Nr. 39 und Nr. 40 in der Wiener Werkbundsiedlung stellen die ersten realisierten Bauten in Oswald Haerdtls umfangreichem Schaffen dar, das eine beinahe einzigartige Kontinuität von der Zwischenkriegszeit bis in die späten 1950er-Jahre aufweist. Dem Schüler von Oskar Strnad und Josef Frank an der Wiener Kunstgewerbeschule sowie langjährigen Mitarbeiter und späteren Partner Josef Hoffmanns ist es gelungen, diese beiden stark differierenden künstlerischen Positionen in seinem Schaffen zu vereinen. Zahlreiche seiner Werke, bei denen er neben der Architektur auch für die Einrichtungs- und teils auch Gebrauchsgegenstände verantwortlich zeichnete, verkörpern die Einheit von Architektur und Design und können im Sinne eines Gesamtkunstwerks gelesen werden.

In der Werkbundsiedlung wurde Oswald Haerdtl von Josef Frank der spitzwinkelige Baugrund Ecke Veitingergasse / Jagdschlossgasse zugewiesen. Die gegen die Straße geschlossen wirkende Häusergruppe setzt sich aus zwei völlig konträren Bauten zusammen: Während es sich bei Haus Nr. 39 um einen Reihenhaustypus mit eher traditionellem Grundriss handelt, ist Haerdtl mit dem Haus Nr. 40 ein Gebäude von hoher städtebaulicher Qualität, kombiniert mit einer sehr durchdacht konzipierten inneren Gliederung gelungen. Der Grundriss des Eckhauses mit den abgerundeten Terrassen- und Balkongeländern nimmt mit den gewinkelten Innenräumen den Knick der Parzelle auf. Dominierendes Element ist die zentral angelegte, im Erdgeschoß offen ansetzende Treppe, welche die verschiedenen Funktionsbereiche des Hauses voneinander trennt. Das Parterre ist in die straßenseitig liegenden Wirtschaftsräume (Küche, Kammer, Vorraum, WC) sowie den großen abgewinkelten Wohnraum mit einer freistehenden Säule und der vorgelagerten Terrasse gegliedert. Über das Obergeschoß, das in die gartenseitigen Schlafräume und die nordseitig angeordnete Wohndiele mit dem Badezimmer unterteilt ist, gelangt man in das geräumige Dachatelier mit umlaufender Terrasse. Der aus manchem Blickwinkel beinahe turmartige Aufsatz setzt einen markanten städtebaulichen Akzent am nordwestlichen Eckpunkt der Wiener Werkbundsiedlung.

Das weitaus größte – und mit 65.000 Schilling auch mit Abstand teuerste – Haus der Siedlung, das als einziger Bau der Anlage auch eine eigene Garage aufweist, wurde gleich wie Haus Nr. 39 von Oswald Haerdtl selbst eingerichtet. Ein Bericht aus dem Jahr 1932 in der Zeitschrift Innendekoration geht näher auf die Ausstattung des Wohnzimmers von Haus Nr. 40 ein und hebt hervor, dass die „gewinkelten Innenräume […] unter Verwendung von Stahlrohrmöbeln und eingebauten Schränken aus lichten Hölzern zu besonders eindrucksvollen Raumschöpfungen geworden“ sind.

Text: Anna Stuhlpfarrer

Historische Grundrisse

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